nicolaus schmidt
RECONSTRUCCIÓN! | Valencia 2008

Cabanyal-Canyamelar ist vermutlich einzigartig, nicht nur durch die Menge und die Qualität seines keramischen Fassadenschmucks, sondern vor allem auch durch die Persönlichkeit jeder einzelnen Hausfassade in diesem Stadtteil Valencias. Jede einzelne Fassade spiegelt die Kreativität seiner Bewohner oder seiner Besitzer wieder. Dieser Stadtteil am Meer zeichnet sich durch eine volkstümliche Ästhetik aus, die bislang von der Stadtregierung in Valencia nicht anerkannt wird.

Die Abrißzonen in diesem Viertel - geschaffen für den Bau der Avenida de Blasco Ibáñez - erscheinen wie Wunden. Diese Freiflächen haben eine demoralisierende Wirkung auf die Bewohner.

Mit unserer Aktion RECONSTRUCCIÒN! weisen wir auf diese Orte hin. Wir wollen diese Orte der Zerstörung mit einem Plastikband einzäunen. Das Band ist im Wechsel bedruckt mit einem Ornament und einem Text. Der Text lautet: Reservado para reconstrucción! (Reserviert für den Wiederaufbau!). Das Ornament ist ein einfaches Motiv entwickelt auf der Basis eines Fliesenmusters des Modernismo Popular, der hier als Baustil vorherrscht. Das Band wirkt in seiner Farbigkeit wie ein übliches Absperrband.

Mit dieser Aktion wollen wir die Kahlflächen in Cabanyal in einer Weise interpretieren, die das Gegenteil dessen ist, was diese eigentlich bezwecken. Man muß diese Flächen nicht als Flächen der Zerstörung oder der Demoralisierung der Nachbarn sehen, es können auch Freiflächen sein, die auf die Zukunft und auf den Wiederaufbau in diesem einzigartigen Stadtteil verweisen. Dieser Wiederaufbau könnte ein Wiederaufbau sein im Geiste und in der Ästhetik des Modernismo Popular. Das Absperrband wird diese Flächen markieren, um einem Modernismo Popular des 21. Jahrhunderts eine Perspektive zu geben. Valencia besitzt einen architektonischen Schatz, den es noch zu entdecken gilt.

Christoph Radke und Nicolaus Schmidt

(Katalogtext zur Kunstwoche „Portes Obertes" – Valencia 2008 )




Fotodokumentation:








Die Aktion hatte eine große Resonanz in den spanischen Medien. Es erschienen u.a. Artikel in El Paìs und der Zeitung Levante.

Levante, 11.8.2018: El Cabanyal pierde su alma (Eine Stadt verliert ihre Seele)

(...) En línea con Alborch se manifestaron ayer Nicolaus Schmidt y Christoph Radke, dos de los artistas de Portes Obertes. Los artistas alemanes apuntan que el bulevar San Pedro obedece a una concepción "trasnochada" del urbanismo. Los artistas censuran al ayuntamiento por "la degradación de barrios densamente poblados, antiguos y hermosos" y por "estropear las plazas y barrios con insípidos edificios sin personalidad, pero, al parecer, más rentables". Valencia, aseguran, es "una ciudad que vende su alma". Schmidt y Radke apuntan como solución a la prolongación de Blasco Ibáñez la construcción de un túnel. (...)




Nachdem schon einge zentrale Gebäude Cabanyals abgerissen worden waren, durchkreuzte die Finanzkrise 2008 die Pläne der PP-Stadtregierung zum Bau einer Schnellstraße mitten durch das historische Stadtviertel. 2015 wurde eine neue (linke) Stadtregierung gewählt, die dann das Abrissvorhaben stoppte.